© Nina Skripietz | cdw Stiftung gGmbH
Alexandra Berge, Referentin für Kultur bei der cdw Stiftung gGmbH, ist für die Entwicklung von Kulturräumen verantwortlich.
Seit einem Jahr ist Alexandra Berge als Referentin für Kultur bei der cdw Stiftung gGmbH tätig. Zuvor hat sie 13 Jahre die Geschäftsstelle des Kasseler Kunstvereins geleitet. Man kennt sie aus verschiedenen Kulturprojekten wie dem Kasseler Atelierrundgang und als Teil des Teams der Fanbeauftragten des KSV Hessen Kassels. Aktuell liegt ihr Fokus auf der Projektentwicklung des Areals an der Werner-Hilpert-Straße 22, dem derzeit größten operativen Vorhaben der Stiftung. Die cdw Stiftung hat 2023 die Immobilie gekauft. Eines der Ziele der 2011 von den Gründern des Solartechnik-Herstellers SMA ins Leben gerufene Stiftung ist es, den Kunst- und Kulturstandort Kassel zu stärken. Wir haben Alexandra Berge zum Interview eingeladen, um mit ihr über die Stiftung, ihre Aufgaben und natürlich über die Werner-Hilpert-Straße 22 zu sprechen.
Wie würdest du jemandem, der noch nie mit eurer Stiftung in Kontakt war, beschreiben, wofür sich die cdw Stiftung engagiert?
Die cdw Stiftung wurde 2011 von den Gründern der SMA Solar Technology AG mit Sitz in Kassel ins Leben gerufen. Mit dem Anspruch „energy in ideas“ engagiert sich die Stiftung in ihren beiden Tätigkeitsfeldern Energie und Kultur.
Im Bereich Energie ermöglichen wir international die Entwicklung abgelegener Regionen im globalen Süden mithilfe von Erneuerbaren Energien. In Nordhessen treiben wir gemeinsam mit unseren Partner*innen die Umsetzung der Energiewende voran. So unterstützen wir die Region dabei, beim Erreichen von Klimaschutzzielen eine Vorreiterrolle einzunehmen und Vorbild auch für andere ländlich geprägte Regionen zu werden.
Im Bereich Kultur ist es unser Ziel, den Kunst- und Kulturstandort Kassel zu stärken, wozu auch die Frage nach bezahlbaren Räumen für Kunst und Kultur gehört. Wir orientieren uns dabei an der „Kulturkonzeption Kassel 2030“ als einer Art kulturellen Langzeitplanung der Stadt, die die Raumfrage im Kulturbereich als das entscheidende Thema für die Entwicklung des Kulturstandorts Kassel benennt.
© Isabel Hemberger
RANGE, Performance Monyama, Kleine Weinkirche
Ihr stärkt den Kunst- und Kulturstandort Kassel durch zahlreiche Aktivitäten. Kannst du uns bitte einen kurzen Überblick geben?
Unser Engagement im Bereich Kunst und Kultur deckt mehrere Handlungsfelder ab, die wir gezielt stärken. Operativ engagieren wir uns für neue Vermittlungskonzepte für Kunst im öffentlichen Raum und haben bisher mit Beuys to go und Street-Art to go zwei kostenlose Spaziergangsführer und darüber hinaus neun Audioguides herausgegeben. Der letzte Audioguide zum Thema „Kassels Architektur der 50er Jahre“ wurde erst kürzlich veröffentlicht.
Daneben ist es unser Ziel, kulturelle Netzwerke und Strukturen zu stärken. Dazu gehören beispielsweise der Kasseler Atelierrundgang, das Galeriefest der Südstadt und das Kurator*innenkollektiv 387 mit ihrem Ausstellungsraum im Südflügel des Kultur-Bahnhofs.
Ein weiteres Handlungsfeld ist die Unterstützung von Ausbildung und Beruf im künstlerischen Bereich. Dazu gehört die Ausstellung EXAMEN in Kooperation mit der Kunsthochschule Kassel – ein in Deutschland einzigartiges Ausstellungsformat – oder auch die Workshopreihe für Absolvent*innen der Kunsthochschule, die wir in diesem Jahr erstmalig in Zusammenarbeit mit dem Kulturamt der Stadt Kassel angeboten haben. Nicht zuletzt ist es uns ein Anliegen, Kassel als Standort für Komische Kunst zu stärken.
Nun zur Werner-Hilpert-Straße 22: Zur letzten Kasseler Museumsnacht im September gab es einen ersten fulminanten Auftakt.
Wir sind sehr glücklich darüber, dass die beiden ersten kulturellen Initiativen Heraku e. V. und Studio Lev e. V. schon auf dem Gelände einziehen konnten und Teil der Museumsnacht waren. Ihr Programm an diesem Abend, zusammen mit der lebendigen Atmosphäre des Innenhofs mit dem Biergarten, hat rund 2.500 Besucher*innen angezogen und einen guten Eindruck vermittelt, welches Potenzial das Gelände nach seiner Fertigstellung entfalten wird.
© Nina Skripietz | cdw Stiftung gGmbH
Die Fassade der Werner-Hilpert-Straße 22
Es ist der Neubau eines Atelierhauses geplant und die Bestandsgebäude werden moderat saniert und umgebaut. In welcher Phase befindet ihr euch gerade? Und wann wird die Fertigstellung sein?
Langfristiges Ziel ist es, ein attraktives und inspirierendes Umfeld für künstlerisches Arbeiten zu ermöglichen und dadurch Künstler*innen und die Vielfalt der Kasseler Kunst- und Kulturszene zu stärken. Ursprünglich suchten wir ein Grundstück für den Bau eines Atelierhauses, um bezahlbare Produktionsräume für Künstler*innen zu schaffen. Mit dem Ankauf des Areals an der Werner-Hilpert-Straße 22 sind neben der Möglichkeit des Neubaus rund 2.200 qm Bestandsflächen in denkmalgeschützten Gebäuden und damit auch weiterer Planungsaufwand hinzugekommen. Diese Gebäude werden wir sanieren und modernisieren, dabei aber ihren historischen Charme bewahren. Dazu sind vier Bauphasen vorgesehen, deren letzte der Neubau des Atelierhauses sein wird. Aktuell befinden wir uns in der ersten Bauphase. Wenn alles wie geplant verläuft, wird das Atelierhaus Mitte 2027 seinen Betrieb aufnehmen.
© Nicolas Wefers | cdw Stiftung gGmbH
Und reges Treiben im Innenhof der Werner-Hilpert-Straße 22
Wem stehen die Räume dann zur Verfügung?
Die Kulturräume im Bestand stehen gemeinnützigen kulturellen Initiativen langfristig zu günstigen Konditionen zur Verfügung. Aufgrund der Bauphasen kann die Vermietung bis zur Fertigstellung jedoch nur in begrenztem Umfang erfolgen. Das neue Atelierhaus entsteht als dreistöckige Aufstockung zur Werner-Hilpert-Straße hin und wird rund 1.100 qm Nutzfläche haben. Es wird Einzelateliers und gemeinschaftlich nutzbare Räume enthalten. Dazu gehören Produktionsräume für Arbeiten, die die Möglichkeiten des eigenen Atelierraums überschreiten, Präsentations- und Ausstellungsflächen und Gemeinschaftsräume, die die Vernetzung und den Wissensaustausch untereinander ermöglichen und die Sichtbarkeit der Künstler*innen stärken.
Die Ateliers werden zeitlich befristet zu günstigen Konditionen an Künstler*innen vermietet, um ihnen den Übergang vom Studium in den Beruf zu erleichtern. Natürlich ist auch der charakteristische Innenhof des Geländes Teil unserer Planungen. Die diesjährige Museumsnacht hat sehr gut gezeigt, dass der Hof mit seinem urbanen Charakter viele Möglichkeiten bietet, das Areal zu einem Ort der Begegnung, des Austauschs und des Kennenlernens zu machen. Dazu tragen auch die Lolita Bar und der Biergarten im Hof wesentlich bei.
© Nicolas Wefers | cdw Stiftung gGmbH
Der Auftakt zur diesjährigen Musuemsnacht: die Performance der Tanz‐AG „body:gravity“ von Studio Lev e. V.
Wie dürfen wir uns aktuell deinen Arbeitsalltag vorstellen?
Sehr vielseitig und nie langweilig. Ein Schwerpunkt meiner Arbeit ist die konzeptionell-inhaltliche Entwicklung des Areals. Dazu recherchiere ich überregional, schaue mir andere Atelierhäuser in Deutschland an und führe Gespräche mit vielen Akteur*innen der Kasseler Kulturszene. Mein Büro wird direkt auf dem Gelände sein. Als Ansprechpartnerin vor Ort möchte ich die Selbstverwaltung der Künstler*innen und Community-Angebote fördern. Die Vernetzung und Zusammenarbeit mit anderen kulturellen Akteur*innen in der Stadt Kassel und insbesondere im Schillerviertel ist sehr wichtig. Ich sehe das Atelierhaus als Teil dieses Quartiers, dessen aktuelle Entwicklung extrem vielversprechend ist. Viele Künstler*innen haben dort teilweise seit Jahren ihre Ateliers, es gibt Standorte für Kreativwirtschaft, eine Galerie, überdurchschnittlich viel Street-Art und insgesamt noch einiges an Freiraum. Damit sind wichtige Parameter erfüllt, um das Viertel zu einem attraktiven und wichtigen innerstädtischen Kulturquartier zu machen.
Wir bedanken uns ganz herzlich für deine Zeit, wünschen euch viel Erfolg in der ersten Bauphase und freuen uns, bald wieder von euch zu hören, wie die aktuelle Entwicklung läuft.
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