© Rolf Hiller
Boxenstopp beim Erstsemesterempfang in Kassel
Die letzten beiden Tage in Amerika brechen an. Mit unseren Gastgebern zur Golden Gate Bridge, weiter nach Sausalito und zum Fort Mason. Zum Dinner abends im “Blind Butcher” in Castro legt ein DJ auf und fördert damit nicht gerade ein Tischgespräch. Essen ist Notwendigkeit und nicht Genuss, der ohne Atmosphäre und Kultur nicht zu haben ist. Dafür schmeckt der Wein zu Hause um so besser. Natürlich fahren wir noch einmal nach Orinda. Am nächsten Nachmittag heißt es dann Abschied nehmen. Zwei Wochen voller Eindrücke und Erlebnisse gehen zu Ende, die Zeit ist wie im Flug vergangen. Das Check-In am Flughafen in San Francisco ist bestens organisiert – unsere Zeitreise beginnt. Von Haus zu Haus werden wir 19 Stunden unterwegs und plötzlich der Zeit in San Francisco um 9 Stunden voraus sein.
Bereits bei unserem Besuch an der Westküste vor sechs Jahren kam mein Schlaf vollkommen aus dem Rhythmus. Beim Abendessen fallen mir die Augen zu, ich schlafe flach und bin morgens schon um vier Uhr wach. Der Jetlag, nach dem sich viele Freund:innen erkundigen, ist sehr anstrengend und zehrend. Im Sprinter nach Frankfurt am Dienstag schlafe ich dann ein bisschen, ziehe mein Programm im Verlag durch und bin am nächsten Tag schon wieder in Kassel. FRIZZ Das Magazin ist mit den Starter Kits wieder beim Erstsemesterempfang in der Universität dabei. Wir stapeln die Boxen in imposanter Menge und verteilen sie dann an die Neuen, die sich über den aktuellen FRIZZ Hochschulguide, Gutscheine und Gimmicks freuen. Zwischendurch stärken wir uns mit Bratwürsten (gratis vom AStA) und einem Hellen. Die Rückfahrt nach Berlin im ICE verläuft schneller denn je – ich erwache kurz vor der Ankunft. Der Jetlag hat auch Vorteile.
Eine Woche und länger kann die Umstellung auf die MESZ dauern – anstrengende Tage ohne erholsamen Schlaf. Nicht auszudenken, ich wäre auch noch auf die Frankfurter Buchmesse gegangen. Dort ist ein Thema die Krise des renommierten Suhrkamp Verlags, der nun vollständig von Dirk Möhrle, dem ehemaligen Chef der inzwischen insolventen Baumarktkette Max Bahr, übernommen wird. Auf der Buchmesse 1981 sorgte ein Pamphlet über die sogenannte edition sual, eine Zusammenarbeit von Suhrkamp und Aldi, für erheblichen Wirbel. Diese Satire könnte jetzt ihre ganze prophetische Wahrheit entfalten – “Wenn der Leser nicht zum Buch kommt, muss das Buch zum Leser kommen.“ Zum Lesen kam ich in Amerika nicht; vielleicht klappt’s ja beim nächsten Mal. Seit Tagen geht mir ein Song aus der Rocky Horror Picture Show durch den Kopf: “Let’s do the Time Warp again”. Wir kommen wieder. Hoffentlich nach Kamala America.
Erk Walter
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