© Rolf Hiller
Wahrzeichen im Terminal 1 des BER: Fiegender Teppich von Pae White.
Knapp zwei Wochen des sog. Teil-Lockdowns liegen hinter uns, das RKI meldet wieder einen Rekord bei den Neu-Infektionen, die Intensivstationen füllen sich rasch mit Corona-Patienten. Wir arbeiten wieder mehr im Home-Office und bleiben abends zu Hause. Die Streaming-Angebote haben Hochkonjunktur; es lohnt auch ein Blick in die Mediatheken der Öffentlich-Rechtlichen. Dort sehen wir "Soul Kitchen" von Fatih Akin; der Soundtrack der munteren Komödie war überaus erfolgreich. Mit dabei auch der phantastische Avantgarde Sänger Leon Thomas, dessen Markenzeichen eine ureigene Jodeltechnik war. 1970 konnte man ihn bei den Berliner Jazztagen erleben, die heute als Jazzfest Berlin laufen und heuer ohne Publikum stattfinden mussten. Das Programm der Kuratorin Nadine Deventer kultiviere eine "Orthodoxie des Unorthodoxen", so Gregor Dotzauer im Tagesspiegel (09.11.20). Was darunter zu verstehen sein könnte, kann jede*r selbst überprüfen - das Jazzfest Berlin 2020 ist ein Jahr lang on demand. Einen Leon Thomas habe ich nicht entdeckt!
Nach dem Hardcore-Streaming bietet sich ein Ausflug zum neuen BER an, der Willy-Brandt-Flughafen ist mit neunjähriger Verspätung tatsächlich ans Netz gegangen. Schön ist er geworden, elegant und funktional. Am Sonntagmorgen sind mindestens genauso viele Besucher wie Fluggäste in der weitläufigen Halle - mit den AHA-Regeln ist das C-Risiko minimal. Wir kennen uns schon aus, denn vor drei Jahren besichtigten wir schon einmal den BER und machten danach eine Radtour über das Gelände. Warum nicht auf der Baustelle gearbeitet werde, wollte ich damals wissen. Am Wochenende würde nie gearbeitet. Gut Ding will Weile haben. Auf der Besucherterrasse können wir einen (!) Start beobachten; der Hauptstadtflughafen wird im nächsten Jahr mindestens eine halbe Milliarde zusätzliche Mittel benötigen. Gute Reise.
Sicher wird der noch amtierende amerikanische Twitter-Präsident Donald Trump in seiner Amtszeit nicht mehr den BER anfliegen - und der Kanzlerin Angela Merkel den Händedruck verweigern. Mit allen juristischen Mitteln will er klären lassen, dass die Demokraten ihm seine Wahl gestohlen hätten. Diese fast schon pathologische Insistenz kann man indes verstehen. Laut New York Times laufen 30 Ermittlungsverfahren gegen ihn, und er bürgt persönlich für 300 Millionen Dollar. Deutschland, "der weltbeste Trittbrettfahrer" (Wolfgang Ischinger), wird sich unter seinem Nachfolger warm anziehen müssen. Joe Biden wird als Präsident in erster Linie amerikanische Interessen verfolgen und den Deutschen ihre NATO-Verpflichtung und ihren umstrittenen Gas-Deal North Stream 2 mit Russland vorhalten. Nicht nur das Wetter wird ungemütlicher.
Erk Walter
Weitere Beiträge https://wahnundwerk.blog