© Karl Grünkopf
Expecting the next tourists.
Glück gehabt. Durch irgendeinen Buchungsfehler wurde unser Zimmer in der Yosemite View Lodge storniert; das hatten wir durch einen Anruf vorher schon erfahren. Spannung also beim Check-In. Wegen der Unannehmlichkeiten bekommen wir dann sogar ein Zimmer mit Blick auf den Fluss statt auf den Highway, wie ursprünglich gebucht. Da schmeckt die Pizza in der weitläufigen Anlage um so besser. Alles ist dort ein bisschen schrabbelig und in die Jahre gekommen, hat aber – anders als in den sterilen Hotels von Hampton Inn – Charme. Wir fahren zum Glacier Point und sind überwältigt von der atemberaubenden Schönheit der Natur. You’ll never walk alone to the View Points. Besonders beeindruckend der Half Dome, eine senkrecht abfallende Felswand; die Yosemite Falls dagegen fallen in dieser Jahreszeit überwiegend aus, kein Tropfen nirgendwo. Oben in den Bergen ist es noch heißer als in San Francisco, wo gerade vor außergewöhnlich hohen Temperaturen gewarnt wird.
Am stärksten beeindrucken uns die Mammutbäume, die wir die nächsten Tage sehen. Natürlich pilgern alle zum General Sherman Tree, dem voluminösesten lebenden Baum der Erde. Er hat einen Umfang von über 30 Metern, die geschätzte Lebendmasse soll 2.000 Tonnen (Wikipedia) betragen, das Alter des Methusalems wird auf über 2.200 Jahre geschätzt. Kein Baum der Welt dürfte häufiger fotografiert werden, doch auf den schön angelegten Wegen im Sequoia Nationalpark können wir noch einige dieser Riesen in aller Ruhe bestaunen. Längst vergessen ist da unser letztes Quartier in der Wuksachi Lodge – die Tür klemmt, die Handtücher zerschlissen, die Dusche museumsreif, die Klimaanlage brummt. Trotzdem mussten wir dafür am meisten berappen; die Lage direkt im Nationalpark hat ihren Preis. In endlosen Serpentinen geht es zurück aus den Bergen nach Fresno ins nächste und zum Glück letzte Hampton Inn, verkehrsgünstig zwischen Freeways, Highways und vierspurigen Straßen gelegen. Autoland Amerika.
© Karl Grünkopf
Existentialisten unter sich im Caffè Triest.
Zurück aus unserem zweiten Hochsommer in die Frische von San Francisco, wo wir die letzten Tage in unserem shared apartment bei unseren großartigen Gastgebern in Castro bleiben. Wir bringen den Genesis zurück und freuen uns wie Bolle, dass das Upgrade auf dieses bestens ausgestattete Auto nicht mehr als eine große Pizza gekostet hat. Zu Fuß geht’s wieder zum Caffè Triest, wo es ganz hervorragenden Espresso & Kuchen und immer etwas zu beobachten gibt. Zwei Denker machen sich Notizen, eine junge Frau schreibt gerade einen Bestseller, eine Transfrau strickt und tanzt am Tresen. Das wundert hier niemanden; deswegen lieben wir das Caffè Triest, das 1956 gegründet wurde und ein Ort für Existentialisten aller Art geblieben ist. Am nächsten Tag laufe ich durch unser Viertel und kaufe mir eine Eiskugel, die mit Waffel sage und schreibe 5,25 Dollar kostet. Vor Schreck spare ich mir den Tipp. Ein schlechtes Gewissen bekomme ich erst recht, als ich Menschen sehe, die buchstäblich in die Mülltonnen eintauchen, um nach etwas Verwertbarem zu suchen. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten kennt kein Erbarmen.
Erk Walter
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