© Karl Grünkopf
So kommen Autos aus der hydraulischen Presse: Skulptur von César im Centre Georges Pompidou.
Heute Morgen wurde im Radio ein Stück von Michel Petrucciani gespielt, der nur 36 Jahre alt wurde. Der Jazzpianist hatte die Glasknochenkrankheit, war nur einen Meter groß und zählt trotzdem auf seinem Instrument zu den besten Musikern seiner Generation. Zufällig kommen wir auf dem Friedhof Père Lachaise in Paris an seinem Grab vorbei. Er liegt ganz in der Nähe von Frédéric Chopin, vor dessen Ruhestätte viele frische Blumen stehen. Der riesige Friedhof scheint selber zu sterben; sehr viele Grabstätten sind in einem schlechten Zustand, modern vor sich hin. Ein düsterer Ort zum Innehalten. In Gedanken ziehen noch einmal die Tage voller Eindrücke & Erlebnisse vorbei, die wir mit ziemlich besten Freunden über Ostern in Paris verbrachten. Das Fest ist in Frankreich nicht so kommerzialisiert wie in Deutschland - zum Glück.
Samedi geht's gleich ins Centre Georges Pompidou, das die Berliner Bausenatorin in spe, Franziska Giffey, ungemein inspirierte - aus dem brach liegenden Internationalen Congress Centrum (ICC) könne man doch ein Kulturzentrum nach dem Pariser Vorbild machen. Oha! Aus dem gestrandeten Raumschiff im Berliner Westen, das sich hermetisch gegen seine Umgebung verschließt, wird nie und nimmer ein Ort der Kultur und Begegnung. Wir schauen uns die Kunst der Moderne an. Ganz besonders beeindruckt mich die Arbeit "Compression" aus dem Jahr 1960 von César Baldaccini, der Autos zu einem kompakten Quader pressen ließ. Er sieht sich in der Tradition von Duchamp, Gesellschaftskritik war seine Sache nicht. Trotzdem gemahnt "Compression" an unsere Müllberge, der letztlich irgendwo im Globalen Süden landen.
Heutzutage würde César sicher E-Roller in die Schrottpresse schmeißen, die ab Herbst in Paris übrigens verboten sind. Erstaunlich. Nur 7 Prozent haben sich an der Abstimmung beteiligt; davon waren 89% gegen die Roller. Sonderlich gestört haben mich die Dinger nicht. Auffällig hingegen, wie viele Fahrräder inzwischen in der Stadt unterwegs sind. War's der Muskelkater vom Hüpfen in der Yogastunde oder der Respekt vor Treppen mit großem Gepäck: Noch nie ist mir aufgefallen, wie wenig Rolltreppen oder Fahrstühle es in der Metro im Vergleich zu deutschen U-Bahnen gibt. Komfort kostet Energie, und da ticken Frankreich und Deutschland anders. In der Bundesrepublik werden die letzten drei Atomkraftwerke morgen endgültig heruntergefahren, die Grande Nation verfügt über 56 Meiler, die derzeit aber nicht alle am Netz sind. Auch in Osteuropa werden munter weitere Atomkraftwerke geplant. Die Uranbrennstäbe kauft man bei den Russen, allen Boykott-Beteuerungen zum Trotz. 30.000 Generationen müssen sich Umweltministerin Steffi Lemke zu Folge mit unserem Atommüll herumschlagen. Export ausgeschlossen!
Erk Walter
Weitere Beiträge https://wahnundwerk.blog