Foto: © Julian Richberg by Julian Richberg © Arboretum (Filmposter) by Julian Richberg
Julian Richberg, geboren und aufgewachsen im beschaulichen Fritzlar, ist ein junger Filmemacher, der nach Berlin gezogen ist, dort lebt und arbeitet. Mit seinem Debut-Film „Arboretum“ ist es ihm nicht nur gelungen, im Rahmen des Wettbewerbs um den begehrten Rand-Award mit dabei zu sein. Der allererste „heimische“ Anwärter auf den Spielfilm-Preis hat auch ohne finanzielle Förderung einen technisch raffinierten und inhaltlich aufregenden Genrefilm gestaltet, der sich sowohl vor der nationalen als auch internationalen Konkurrenz nicht zu verstecken braucht. Seine Coming-of-Age-Geschichte aus der Mitte Deutschlands wird am Sonntag, 18.09. um 17.30 Uhr im Rahmen des Randfilmfestes im Kleinen Bali präsentiert, anschließend wird Richberg dem Publikum Rede und Antwort stehen.
Wir haben den Regisseur vor dem Fest getroffen:
Hallo Julian, du bist in Fritzlar aufgewachsen. Welche Bedeutung hatte das Aufwachsen in einer Kleinstadt für deinen Debüt-Film?
Auch wenn der Film weder autobiografisch noch lokal in Nordhessen verortet ist, war meine Heimat dennoch Inspiration für viele der Situationen. Ich glaube, das „Gefühl“ Dorf ist in Deutschland ein recht universelles, und das meine ich nicht zwingend positiv. So schön die ländlichen Gegenden auch sind, so wenig transparent ist doch, was hinter verschlossenen Türen gesagt und gedacht wird. Gerade Nordhessen hat ja leider eine sehr traurige Nähe zu rechtem Gedankengut und Extremismus in den letzten 20 Jahren gezeigt.
Was hat sich nach deinem Umzug nach Berlin verändert?
Als ich nach der Schule nach Berlin ging, um dort Filmemacher zu werden, hatte ich eine große Wut auf meine Heimat im Bauch. Ich wollte raus aus der Enge und die Möglichkeiten der Großstadt erfahren. Rückblickend muss ich aber sagen, dass auch in ländlichen Regionen viel geboten wird. Gerade die kleinen Kultur-Veranstaltungen und die Leute, die sie trotz fehlender Infrastruktur organisieren, sind oft mit viel mehr Liebe dabei als in einer großen Stadt wie Berlin, wo alles zu einer Suppe verschwimmt und nichts mehr wirklich Wertschätzung erreicht. Deswegen wollte ich auch nicht den x-ten Film über die Berliner Großtstadt-Party- und Drogen-Jugend drehen, wie sie momentan von vielen Filmhochschulen gemacht werden. Ich wollte die Erfahrung und Atmosphäre des Landlebens einfangen, die ich so nie in der deutschen Filmlandschaft gefunden habe.
Wenn du „Arboretum“ mit einem Satz beschreiben müsstest, was würde dabei herauskommen?
„Arboretum“ ist ein Film über die Wechselwirkung von fehlender menschlicher Wärme und Gewalt. Alle Figuren sind alleingelassen und entwickeln dadurch ein Gewaltpotenzial, sie erfahren Gewalt und verstricken sich in einer Konfliktspirale.
Was ist das Besondere an deinem Film?
Das Besondere an „Arboretum“ ist, dass es sich um einen Film handelt, der außerhalb des Systems entstanden ist. Ich habe den Film komplett selbst finanziert und mithilfe von vielen Freunden versucht, einen Film zu machen, der etwas zu sagen hat, das man nicht alle Tage im deutschen Film und TV sieht. Es ist traurig, dass Deutschland durch sein Fördersystem die meisten jungen Stimmen gar nicht erst zu Wort kommen lässt, sondern in einem System der Vettern-Wirtschaft die immer selben Filme produziert werden. Deshalb ist es so wichtig, dass wir eine blühende Filmfestival-Landschaft haben, die kleinen Filmen immer wieder eine Chance gibt.