Größer geht’s immer. © Rolf Hiller
Hurra! Bei meiner Wahl (per Brief) zur Frankfurter Stadtverordnetenversammlung hatte ich 93 Stimmen, die ich munter panaschieren oder kumulieren konnte. Klingt komplizierter, als es ist. Ich kann meine Stimmen auf alle Kandidat*innen auch aus verschiedenen Parteien verteilen, dann panaschiere ich. „Das Anhäufen von zwei oder drei Stimmen auf eine Kandidatin oder einen Kandidaten nennt man ‚Kumulieren‘.“ (Wahlanleitung). Wer es einfacher haben möchte, kreuzt oben auf dem Riesenwahlzettel nur eine Partei an. Trotz der Möglichkeiten, eine Wahl stärker zu personalisieren, ist das Interesse an der Kommunalwahl in Hessen gering – 52% gingen 2016 nicht zur Wahl. Da wird die Mobilisierung in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg besser gelingen – die ersten Landtagswahlen im Superwahljahr 2021 gelten als wichtiger Stimmungstest. Insbesondere die CDU dürfte dem Ausgang der Wahlen am Sonntag mit Bangen entgegensehen. Diese Woche traten zwei Abgeordnete aus der Fraktion aus; sie hatten nicht dem Volk gedient, sondern mit Provisionen bei sog. Maskengeschäften kräftig abgesahnt. Noch vor den beiden Wahlen sollen sich alle CDU/CSU-Abgeordneten erklären.
Erstaunlicherweise ist von der Causa Spahn in diesem Zusammenhang (noch) nicht die Rede. Der alerte Gesundheitsminister mit einem jährlichen Einkommen von 285.000 Euro (Focus Online) besitzt mit seinem Ehemann eine „Millionenvilla“ in Berlin-Dahlem und eine Wohnung in Schöneberg, deren Wert auch im siebenstelligen Bereich liegen soll. Wie geht dem? Um unklare Geschäfte zu klären, gilt immer die Devise: folge der Spur des Geldes. Warum beendet Jens Spahn nicht alle Spekulationen um seine Immobiliengeschäfte und erklärt sich unter Wahrung der Privatsphäre – aber der Gesundheitsminister hat natürlich alle Hände voll mit seinem Amt zu tun. Während America First im Mai durch ist mit den Impfungen, klemmt es hierzulande an allen Ecken und Enden. Was Wunder, dass die Stimmung noch schlechter ist als die Lage, wie Beobachter aus dem Ausland mit Staunen konstatieren.
Dabei gibt es ungeachtet der steigenden Inzidenzen (Dritte Welle) doch Grund zur Hoffnung. Die Museen dürfen wieder öffnen, in Berlin waren die Karten für ein Test-Konzert der Philharmoniker für 1.000 Besucher*innen mit aktuellem Schnelltest binnen vier Minuten weg, das Berliner Ensemble bietet nächste Woche einen analogen Theaterabend („Panikherz“) unter den gleichen Voraussetzungen. Zum guten Schluss steht Luca vor dem Durchbruch. Die vom Start-up Nexenio entwickelte App kann man als digitales Kontakttagebuch bezeichnen mit Hin-und Rück-Kanälen zu den Gesundheitsämtern, und sie wird die anachronistische Zettelwirtschaft ersetzen, wenn die Außengastronomie wieder öffnen darf. Bei der Entwicklung hat Smudo von den Fantastischen Vier mitgewirkt, der in einem erfrischenden Interview in SWR 2 äußerte, jeder könne einen Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie leisten. In Amerika wäre Smudo längst ein Nationalheld!
Erk Walter
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