© Karl Grünkopf
Bahnen ziehen ohne Quallen: das Piscina Municipal in Cala d‘Or.
Nie habe ich mehr Quallen in „unserer“ Bucht gesehen. Diesen Satz schrieb ich am 13.07.19 in das Gästebuch unseres traumschönen Quartiers auf Mallorca. So schlimm war es heuer nicht, aber wieder hatte ich eine Begegnung der brennenden Art im Wasser. Was tun? Rasierschaum auf die Wunden, einwirken lassen und mit einer Scheckkarte in eine Richtung abstreifen. Am nächsten Tag ist von den Verbrennungen fast nichts mehr zu sehen & zu spüren, aber schon lange schwimmen wir nicht mehr unbeschwert weite Strecken im Meer. Dabei könnte ich nicht einmal sagen, dass es heute mehr Medusen gibt als früher, obwohl ich jetzt schon dreimal hintereinander erwischt wurde. Zum Glück haben wir eine Alternative gefunden: das Hallenbad im steril-weißen Touristenort Cala d‘Or. Wegen der Pandemie dürfen derzeit nur 8 Badegäste hinein - wir haben immer eine Bahn für uns alleine. Grandios! Und ins Meer gehen wir trotzdem täglich.
Noch immer ist die Insel angenehm leer. Also machen wir uns auf zur Caló des Moro, die als eine der schönsten Buchten Mallorcas gilt. Erstaunlich voll ist der Parkplatz um die Mittagsstunde, erstaunlich viele sind unterwegs zum „Geheimtipp“, der schon lange keiner mehr ist. Wir ersparen uns den Frust und brechen diese Unternehmung ab. Dabei ist es so einfach, dem Massenglück zu entkommen. Wir haben uns für eine Woche Räder gemietet und sind oft ganz allein unterwegs auf den kleinen Straßen durch die unendlichen Mandel- und Olivenhaine. Es ist immer wieder überraschend, wie leicht man den vielen anderen entgehen kann. Noch eindrücklicher war freilich ein Naturereignis, gegen das sich das Gewitter auf dem Hinflug wie ein Pulverplättchen ausnimmt. Von halb zehn abends bis nach vier Uhr in der Frühe wütete ein Gewitter über der Insel mit Starkregen, heftigen Windböen und tosender See. Am nächsten Morgen ist die Welt dann wieder in Ordnung: die Sonne scheint, rasch ist alles getrocknet, als sei nichts gewesen in der Nacht.
Nichts bleibt, wie es ist. Mich erreicht die Nachricht, dass Wolfgang Wagner, der Wirt der Frankfurter Apfelweinkneipe „Zu den Drei Steubern“ , gestorben ist. Noch lebhaft ist mir mein erster Besuch dort in der rappelvollen Schenke in Erinnerung. Jean und ich quetschten uns in eine Ecke, das Stöffsche floss in Strömen, dazu gab‘s Soleier oder Handkäs‘ und immer wieder barsch-herzliche Worte vom Kellner, dem heimlichen Chef der „Drei Steuber“. Wir liebten diese Erniedrigungen. Später wurde es nach einer wochenlangen Schließung wg. Krankheit schon merklich stiller, wir bekamen schon um acht Uhr ohne Mühe Plätze; unser letzter Besuch war ein Endspiel. Seit den fünfziger Jahren machte Wolfgang Wagner sein Ding - „der Mann war ohne Apfelwein nicht denkbar“ (Andreas Maier). Morgen geht‘s mit aktuellem Negativ-Schnelltest schon wieder zurück, am Sonntag leisten wir bei atmosfair einen „Ausgleich“ für unsere Flüge, und in Sachsen-Anhalt wird gewählt. Nicht nur der CDU-Vorsitzende Armin Laschet dürfte diesem letzten Stimmungstest vor der Bundestagswahl mit Bangen entgegensehen.
Erk Walter
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