© Rolf Hiller
Spektakuläre Performance am Müggelsee: „Kranetude“ von Florentina Holzinger
In der Berliner Volksbühne haben wir die österreichische Choreografin und Performance-Künstlerin Florentina Holzinger verpasst, die derzeit bei Kritik & Publikum ganz hoch im Kurs ist. Ratzfatz waren die Tics für ihr neues Stück ”Kranetude - A musical composition for a crane, 4 drummers und 8 bodies on water” im Seebad Friedrichshagen ausverkauft. Bis 17 Uhr stand die Aufführung am zweiten und letzten Tag auf der Kippe – wegen des regnerischen Wetters. Mit einiger Verspätung gehen die nackten Frauen an ihre Schlagzeuge, infernalische Trommelschläge hallen über den Müggelsee, eine Dirigentin - auch sie nackt wie alle bei Holzinger – irrlichtert durch die Szene, am Kran streifen sich Perfomerinnen ihre Taucheranzüge über. Mit bloßem Auge können wir das Geschehen ganz gut sehen; das Opernglas haben wir wieder einmal vergessen. Der Kran zieht 8 (nun natürlich) nackte Nixen an einem runden Gestell aus dem Wasser, die dann bei knapp zwanzig Grad allerlei Formationen bilden – mich fröstelt es schon beim Zuschauen.
Das sind spektakuläre, womöglich unvergessliche Bilder. Später cruisen zwei Performerinnen auf Flyboards über den See. Das Publikum ist genauso beeindruckt wie das Feuilleton, das uns tiefschürfende Fragen nachliefert. “Und wer sind diese riesigen weiblichen Wesen”, rätselt die TAZ (03.07.23), “die sich wie auf langen Wasserbeinen aus weiter Ferne langsam dem Strand nähern? Meeresgöttinnen? Amazonen? Außerirdische? Oder doch nur Frauen auf Flyboards?” Diese Vieldeutigkeit der Perfomances von Florentina Holzinger macht ihre Arbeiten derzeit zum Erfolg; jede:r kann darin etwas anderes sehen. Wer auf sich hält in der Berliner Kulturszene, muss ihr Erfolgsstück ”Ophelia’s Got Talent” an der Volksbühne erlebt haben. Im Herbst steht das Werk wieder auf dem Programm.
© Karl Grünkopf
„Stiller Protest“ am Schwarzen See.
Der Kontrast zwischen der hippen Performance am Müggelsee und einem ”stillen Protest” am Schwarzen See in Flecken Zechlin (Brandenburg) könnte nicht größer sein. Ich frage den Mann auf dem Grundstück, ob das von ihm sei und ich fottgrafieren dürfe. ”Dafür habe ich es ja gemacht.” Er dürfte Ende 60 sein, wählt bestimmt AfD, kommt nicht mit Parolen daher und wirkt eher ratlos. ”Der Russe lässt sich von den Amerikanern und der NATO nicht einschränken”, meint er und rechtfertigt so den Angriffskrieg auf die Ukraine. Das russische Narrativ von der unrechtmäßigen NATO-Osterweiterung in den 90er Jahren findet in Ostdeutschland breite Zustimmung und treibt der AfD die Wähler:innen in Scharen zu. Die Zukunft sieht er düster. Weil die Atomkraft hierzulande nicht mehr genutzt wird, müsse er wohl mit Holz heizen. Was tun? Wir müssen wieder lernen zuzuhören und versuchen, die anderen zu verstehen. Das gilt ganz besonders für die Pannen- Ampel, deren Performance schlechter denn je ist. “Das Fortschrittsprojekt namens Ampel hat es jedenfalls geschafft, einen neuen Tiefpunkt in Sachen politischer Kultur auszuloten. Der Gute-Laune-Kanzler Olaf Scholz wird aber auch das mit seinen gewohnt nichtssagenden Worten wegzumoderieren wissen.” (Cicero, 07.07.23)
Erk Walter
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