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„Nach dem 11. September 2001 wird der 24. Februar 2022 als das zweitwichtigste Datum in die Geschichte des 21. Jahrhunderts eingehen: als Datum der Rückkehr des Krieges in Europa." (Le Parisien aus Paris)
Wir sind explizit gewarnt worden. Vor den heftigen Gewaltszenen in dem kasachischen Film "Baqyt" (Happiness), der den Panorama Publikums-Preis (PPP) von radioeins und rbb Fernsehen bekommen hat. Mit Wucht erzählt die Regisseurin Askar Uzabayev vom Scheitern einer Ehe, dem Versuch einer Frau, aus der Hölle ihres Lebens auszubrechen. Als sie ihrem Mann mit Charme & List nahebringen will, er solle sich doch eine Jüngere suchen, rastet der vollkommen aus - sie muss ins Krankenhaus. Dass sie von ihrer Schwägerin, einer fiesen Apparatschik, dazu gedrängt wird, ihren Bruder nicht anzuzeigen, spiegelt die Verhältnisse im neuntgrößten Land (!) der Welt wider. Schließlich entlädt sich die über Jahrzehnte angestaute Wut der Frau (großartig: Laura Myrzakhmetova); wie von Sinnen schlägt sie mit einem Hammer auf den schlafenden Schläger ein. Am Ende von "Baqyt" - bei der Berlinale uraufgeführt - bugsiert sie ihren Mann im Rollstuhl zurück in die Wohnung; vom Gericht dazu verurteilt, auf immer bei ihm zu bleiben. Die Gewalt hat ein Ende, die Hölle auf Erden nicht.
"Wir – Festivalmacher*innen, Künstler*innen, Filmemacher*innen… – sind in Gedanken bei unseren Freund*innen in der Ukraine und stehen ihnen in einem Aufruf zum Frieden zur Seite". Das wurde gestern in einem Berlinale-Statement zur Situation der Ukraine per Mail verbreitet. „Wir sind heute in einer anderen Welt aufgewacht“, sagte Außenministerin Annalena Baerbock nach einer Sitzung des Krisenstabs im Auswärtigen Amt. Stimmt, aber über Nacht wurde die Welt keine andere. Seit Wochen informieren die Amerikaner über russische Truppenbewegungen, ihr Präsident Biden sprach aus, was Kanzler Scholz erst nicht über die Zunge gehen wollte: im Falle einer Invasion in der Ukraine wird Nord Stream 2 gestoppt. Seit Jahren wurden die deutschen Putin-Versteher von den NATO-Partnern dafür kritisiert, seit Jahren ist der Zustand der Bundeswehr bekannt. Jetzt rächt sich diese Naivität bitter. Ebenso ist es illusorisch zu glauben, Zar Putin hätte die Sanktionsdrohungen der EU nicht einkalkuliert. Schon bei der Aussetzung des Swift-Abkommens gibt es wieder keine Einigkeit in der EU. Angeblich verfügt Russland derzeit über fast 700 Milliarden Euro an Devisenreserven; auf Gas und Kohle von dort ist besonders Deutschland weiter angewiesen.
Zur Wahrheit zählt auch, dass die NATO ohne die Amerikaner nicht viel taugt. "Nur die USA garantieren die Sicherheit Europas“, hält die Magdeburger Volksstimme (19.02.22) fest. Heute zieht die kroatische Zeitung Jutarnji List aus Zagreb einen naheliegenden Vergleich und malt eine düstere Perspektive aus: "Putins Angriff auf die Ukraine ist eine Kopie von Hitlers Angriff auf Polen am 1. September 1939. Die transatlantische Allianz muss jetzt koordiniert und entschlossen Putin entgegentreten. Andernfalls wird es das Ende der liberalen Demokratie sein." (25.02.22) Diese Zitate habe ich der Internationalen Presseschau im Deutschlandfunk entnommen, die ich sehr empfehlen kann. Gerade hat der russische Außenminister Sergej Lawrow der ukrainischen Regierung die demokratische Legitimation abgesprochen. Zynischer geht's nicht. Nicht auszudenken, was wäre, wenn der amerikanische Präsident noch Donald Trump hieße...
Erk Walter
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