© James Gathany
Lautlos, klein und gefährlich: die Denguemücke.
Als Glühwurm erwacht - 39,6 Fieber. Plötzlich ist alles ganz anders. Die Weiterreise nach Goa können wir knicken, auf ein paar Tage Erholung am Meer hatten wir uns so gefreut. Stattdessen müssen wir im Hotel in Jodhpur bleiben; die nächsten beiden Tage dämmere ich hoch fiebernd im Bett. Die Krankheit, deren Namen ich noch nicht kenne, hat mich voll im Griff. Soll ich ins Krankenhaus gehen, wo auch die Royal Family des Ortes behandelt wird? Ich versuche es erst einmal mit Paracetamol, das auch der herbeigerufene Arzt verschreibt. Unser Plan ist, am Montag zurück nach Delhi zu fliegen und dann dann gleich zum Arzt der Deutschen Botschaft zu fahren, was sich als die richtige Entscheidung herausstellen wird. Keine Probleme mit dem Flug, wo übrigens eine strikte Maskenpflicht gilt. Ansonsten spielt der Mund-Nasen-Schutz keine Rolle mehr im indischen Alltag. Die Pandemie scheint längst vergessen.
Nach der Ankunft in Delhi geht es gleich weiter zur Deutschen Botschaft. Wir kommen sofort dran. Der Arzt untersucht mich und nimmt Blut ab. Kurze Zeit später kommt er mit dem Resultat aus dem Labor: „Es ist Dengue“. Ruhig erklärt er, was in mir abläuft und wie es weitergehen wird. Nach 5 - 7 Tagen geht das Fieber zurück, dann mindestens nochmal so lange dauert die vollständige Genesung. Viel trinken und liegen sind seine Empfehlung; eine Einweisung ins Krankenhaus ist nicht notwendig. Sinnvollerweise hätte ich mich mit diesem Virus vertraut machen sollen. Indien ist Hochrisikogebiet. „Bei Denguefieber handelt es sich um die sich am schnellsten ausbreitende virale von Stechmücken übertragene Krankheit; die Fallzahlen haben sich von 1960 bis 2010 verdreißigfacht.“ (Wikipedia) Mit dieser Infektionskrankheit steckten sich 2013 fast 390 Millionen Menschen an, schätzte die Zeitschrift „Nature“.
Ich bin also nicht allein und zudem in den allerbesten Händen. Die Tage verlaufen im Gleichmaß. Waren die ersten zwei Wochen der Reise prall gefüllt mit Eindrücken und Erlebnissen, herrscht jetzt ein Stillstand des Immergleichen. Trotzdem geht die Zeit voran. Wir besuchen noch einmal den Botschaftsarzt. Er ist mit dem Verlauf meiner Genesung zufrieden. „Dann kommt der Ausschlag, d.h. der Körper hat gesiegt.“ Ich beklage, dass ich von drei Wochen Indien eine im Bett verbringen musste. „Dafür haben Sie Denguefieber gehabt“, tröstet mich der lebenskluge Botschaftsarzt. So kann man es auch wenden. Er hat viel von Indien verstanden. Um diese Erfahrung reicher, muss ich mich in Geduld üben. Ich habe kein Fieber mehr und insgesamt einen milden Verlauf des Denguefiebers erlebt. Die Genesung wird aber noch dauern. Die Reise der zwei Geschwindigkeiten geht zu Ende.
Erk Walter
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