Am 22. Oktober bin ich das letzte Mal bei der Meisterin im Yoga gewesen; meine heilige Stunde möchte ich analog erleben und nicht per Stream. Der letzte Kino-Besuch war am letzten Oktobertag, also vor gut drei Monaten. Die Tage seither sind gleichförmig geworden. Home-Office, Kontakte nur nach Vorschrift, Einkäufe vermummt, Reisen nur noch zweimal im Monat in den Verlag nach Frankfurt, für jeweils 24 Stunden. Nach dem Tagwerk steige ich immer auf den Hometrainer, danach Abendessen - und dann öffnet sich die Welt der Mediatheken, wo sich immer etwas findet, wenn man etwa auf die zweite Folge der spannenden & hochgelobten Serie "Bodyguard" (ZDF) warten muss, die erst in der nächsten Woche verfügbar ist. Vor 22 Uhr müssen sich die Zuschauer*innen übrigens anmelden, mit der Nummer des Personalausweises!
Die brauchen wir natürlich (noch) nicht, wenn wir ein Interview mit der Kanzlerin in der ARD verfolgen. "Farbe bekennen" heißt das Format, und Angela Merkel gibt sich mit der Arbeit ihres Kabinetts sichtlich zufrieden, was einige Kommentatoren in der Presse aber ganz anders sehen. "Und die Politiker", wettert der Münchener Merkur, "denen seit einem Jahr nichts Besseres einfällt, als die Bürger in immer neue Lockdowns zu zwingen, wollten mit ihren Prügeln für die Unternehmen davon ablenken, dass sie, anders als die Asiaten, bis heute jede Langfriststrategie schuldig geblieben sind: kein rechtzeitiger Schutz der Heime, kein Digitalunterricht, keine funktionierende Handy-App zur wirkungsvollen Nachverfolgung von Corona-Risikokontakten. Und nun sind wir auch noch beim Impfen das Schlusslicht der entwickelten Welt.“ (02.02.21)
Im Interview hat sich die stets vorsichtige Kanzlerin festgelegt: bis zum Ende des Sommers haben alle ein sog. Impfangebot zur Erstimpfung erhalten. Vor uns liegen also im besten Falle noch siebeneinhalb lange Monate der Pandemie. Dann aber müssen die Einschränkungen ein Ende haben. Spätestens dann möchte ich wieder meine Grundrechte ausüben können und ins Kino, Theater oder in die Oper gehen, mit anderen Geimpften versteht sich. Wir werden uns daran gewöhnen, dass wir mit jedem Ticket, ob für Veranstaltungen oder Flugreisen, den Impfpass vorlegen. Sicher aber nicht bei der Bundestagswahl, die am 26. September stattfindet. Ohne die Kanzlerin, die nicht mehr antritt. Respekt!
Erk Walter
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