© Karl Grünkopf
Der Bär vor der Deutschen Botschaft in Delhi strahlt Gelassenheit & Zuversicht aus.
Am 11. November bekam ich das Denguefieber mit Schüttelfrost und Temperaturen über 40 Grad. Über zwei Tage fieberte und dämmerte ich vor mich hin, unfähig, irgendetwas zu machen. Zum Glück! Denn sonst hätte ich mit ein paar clicks im Netz gelesen, dass diese Virusinfektion mit sehr starken Kopf- und Gliederschmerzen einhergehen kann - deshalb wird diese Krankheit auch Knochenbrecherfieber genannt. Die Rückreise mit dieser Symptomatik wäre ein Albtraum geworden. Ohnehin wird der Flug eine Tortur, obwohl unsere Auslandskrankenversicherung das Upgrade in die Businessklasse nach etwas mühevollen Verhandlungen übernommen hat. 17,5 Stunden wird die Reise von Haus zu Haus dauern. Zum Glück habe ich mir nicht ausgemalt, welche Strapazen da auf mich zukommen, obwohl alles reibungslos lief. Nichtwissen kann manchmal entlasten! Es gibt eine Gnade der Naivität.
Allerdings war es reichlich naiv anzunehmen, dass Dengue nach 14 Tagen schon überstanden ist; es kann mehrere Wochen dauern, bis man wieder auf dem Damm ist. Immer wieder steigt die Temperatur, wenn ich mich an den Schreibtisch setze oder konzentriert im Liegen arbeite. Ich habe 5 Kilo abgenommen, bin kälteempfindlich, der Jetlag wirkt nach. Jeder Krankheitsverlauf ist anders. Hatte ich auf die Einschätzung des Arztes der Deutschen Botschaft in Delhi gehofft, ich müsse mich in der zweiten Woche nur noch ein bisschen schonen, so muss ich nun akzeptieren, dass ich noch längst nicht durch bin mit diesem indischen Andenken. So habe ich mittlerweile eine Dengue Demut entwickelt, habe erkannt, dass ich dieser Krankheit ihre Zeit lassen muss. Erzwingen lässt sich eine schnelle Genesung nicht. Inzwischen bin ich sehr dankbar, dass Dengue mich nicht voll erwischt hat, dass meine Einschränkungen gut auszuhalten sind. Warum ich? Ich hadere schon längst nicht mehr.
Dengue hatte mich die letzen beiden Wochen fast vollständig absorbiert. Nur mit großer Mühe habe ich meinen Job gemacht. Es war furchtbar anstrengend, ausgelaugt & schlapp die Weihnachtsausgabe zu planen, das normale Business zu erledigen und die Weichen für 2023 zu stellen. Für die Lektüre der Zeitung und fürs Radiohören fehlte die Kraft. Nach meiner Absenz sind die Nachrichten weiter bedrückend. 9 Monate dauert nun schon der Krieg in der Ukraine, und ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, wie die Menschen dort das Leben aushalten, wie sie immer wieder die Infrastruktur reparieren, die russische Bomben und Raketen zerstören. Der geschundenen Ukraine droht der schlimmste Winter seit 1945! Während ich komfortabel meine Infektion auskuriere, herrscht in Europa Krieg. Verhandlungen über ein Endes des Wahnsinns sind nicht in Sicht. Es ist zum Verzweifeln!
Erk Walter
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