© Gitti Grünkopf
Furioses Finale einer erfolgreichen Tour: viel Beifall für die Junge Deutsche Philharmonie in der Kulturkirche St. Elisabeth.
Was für eine Begeisterung & Erleichterung am Ende einer kurzen Tour! Alles war gut gegangen auf der Reise durch Deutschland, und die Junge Deutsche Philharmonie aus Frankfurt spielt ein furioses Finale in der Kulturkirche St. Elisabeth in Berlin Mitte. Anfangs ist freilich keine Musik zu hören - das "Zukunftsorchester" nähert sich der 7. Sinfonie von Ludwig van Beethoven nicht musikalisch. Wir erleben eine "Sinfonie der Stille" und bekommen sogar Ohrstöpsel, um uns ganz auf Action Painting, Physical Theatre und Videos einzulassen. Spannend & unerhört. Nach der Stille geht das Orchester unter dem englischen Dirigenten Joolz Game furios zur Sache. Schneller haben wir die Siebte noch nie gehört, und besonders im Allegretto fehlen die abgründigen Nuancen. Lang anhaltender Applaus für die Musiker*innen, die das Werk auswändig und stehend gespielt haben.
Back to Live. Explizit unter diesem Fanal stand das Konzert von Helge Schneider tags zuvor. Der Veranstalter machte alles richtig: strikte Kontrollen am Eingang inkl. Scanner, Masken-Pflicht auf dem Weg zu den durchnummerierten Plätzen, kein Alkohol auf dem Gelände, nur 25% der 22.000 Plätze der Berliner Waldbühne durfen verkauft werden. So viele bekommt der Entertainer mit den dadaistisch-skurrilen Ansagen, der mit dem Gitarristen Henrik Freischlader und seinem 10-jährigen Sohn Charles am Schlagzeug unterwegs ist, aber nicht voll. Die Stimmung ist gut, aber nicht ausgelassen; das liegt sicherlich zum guten Teil an der zu großen Freilichtbühne. Der Weg zur Normalität ist noch weit, und die Veranstalter beklagen immer wieder zu Recht, dass die Politik ihnen keine Perspektiven aufzeigt und sie mit Desinteresse straft.
Am Mittwoch gab es in Berlin eine Großdemo der Veranstaltungsbranche; eigenen Angaben zu Folge macht sie 130 Milliarden Euro Umsatz pro Jahr, ist damit der sechstgrößte Player im Markt und hat rund 1 Million Menschen in Lohn und Brot. Während die TUI schon wieder ein Milliardendarlehen vom Staat bekommen hat, stehen die Veranstalter mit leeren Händen da - und weiterhin ohne Zukunftsperspektive, was noch viel bitterer ist. Um so hoffnungsfroher stimmt, dass der Frankfurter Jazzkeller wieder für 34 Gäste geöffnet hat. Der ewig optimistische Inhaber Eugen Hahn hat in ein Luftfiltergerät und Schutzwände aus Plexiglas investiert; der Laden war voll am letzten Wochenende. Das Frankfurter Schauspiel eröffnet heute Abend die neue Spielzeit: sinnigerweise steht "Wie es euch gefällt" von Shakespeare auf dem Programm. 160 der insgesamt 700 Plätze dürfen derzeit besetzt werden. In NRW wären es mit der Schachbrett-Belegung 350. Dort wird am Sonntag gewählt; eigentlich nur Kommunalwahlen, aber es werden die ersten Corona-Wahlen sein.
Erk Walter
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