
Wenn man Dimitri Nuss zum Thema Radfahren befragt, könnte man denken, er sei Profisportler. Radfahren ist seine größte Leidenschaft. Im normalen Leben arbeitet der 50-Jährige in der Sozialgruppe Kassel am Standort in Waldau, ist mitverantwortlich für den Warenausgang und ist beispielsweise für die Ausstellung der internationalen Frachtpapiere der Speditionen zuständig. Aufgrund einer spastischen Lähmung hat er eine Geh- und Sprachbehinderung. Trotz seiner körperlichen Einschränkung hat Dimitri Nuss in den letzten Jahren Tausende Kilometer quer durch Europa zurückgelegt.
Mit berechtigtem Stolz berichtet er von seinen Radtouren. Die Liste ist beachtlich: 2009 fuhr er mit seinem Rad von Paris nach Moskau, eine Strecke von rund 4.400 Kilometer. Im Jahr darauf unternahm er eine Tour von Düsseldorf nach Moskau. 2011 organisierte er selbst eine zweiwöchige Tour von Berlin nach Magdeburg. Und 2012 beteiligte sich Nuss an einer Radtour von Belarus nach Polen bis zum Konzentrationslager Auschwitz. Einen bleibenden Eindruck hinterließ der Friedenslauf von Rom zur Lutherstadt Wittenberg im Jahr 2017, zu dem Dimitri Nuss als Läuferbegleiter auf dem Rad eingeladen war. „Nur die Generalaudienz beim Papst habe ich damals verpasst, wir sind einfach zu spät in Rom angekommen“, berichtet Dimitri Nuss lachend.
Aber wie begann alles? Seit 2008 ist er Mitglied im Verein „Bike for Peace and New Energies“ und wollte damals seine erste Friedensfahrt mit dem Rad absolvieren. Aber ihn überkamen Zweifel und er sagte ab. Seine größte Sorge war, dass er in den überfüllten Übernachtungshallen keinen Schlaf finden würde. „Im Nachhinein habe ich dann erfahren, dass der Veranstalter über meine Absage sehr froh war, da er befürchtete, dass ich den körperlichen Strapazen nicht gewachsen sei“, erzählt Dimitri Nuss und fährt fort: „Bei Nachtreffen der Friedensfahrt habe ich eine angehende Studentin kennengelernt und diese versicherte mir, dass man nach einem langen Tag auf dem Rad wie ein Stein schlafen könne. Da war mir sofort klar, in 2009 bin ich auf jeden Fall dabei.“
Die Friedensfahrt 2020 sollte von Paris bis Moskau mit dem Fahrrad erfolgen und weiter mit der „Transsibirischen Eisenbahn“ bis nach Wladiwostok. Von dort mit dem Schiff nach ST. Sakaiminato und anschließend wieder mit dem Rad bis Hiroshima und Nagasaki. Leider kam diesem Plan die Corona-Krise in die Quere und die Friedensradtour wurde auf Mai 2021 verschoben.
Dimitri Nuss fährt längst nicht einfach nur mit, sondern beteiligt sich inzwischen auch an den Streckenplanungen. Es versteht sich von selbst, dass Dimitri Nuss jeden Tag bei Wind und Wetter den Weg zur Arbeit mit dem Fahrrad zurücklegt.