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„Nicht die Kamera macht das Foto, sondern der Fotograf“, so lautet das Credo von Matthias Helmrich. Der Fotograf mit eigenem Studio ist in der Kasseler und Berliner Fotoszene bekannt und fotografiert in den Bereichen Fashion-, Mode-, Theater- und Erotik. Die Straßen- sowie Schwarzweißfotografie haben ebenfalls einen hohen Stellenwert für ihn. Wir haben ihn bei einem Shooting begleitet, um mit ihm über Corona, seine Arbeit und den perfekten Augenblick zu sprechen.
Wir befinden uns im zweiten Lockdown. Wie hast du den ersten Lockdown erlebt? Wie ist die aktuelle Situation?
Kurz vor dem ersten Lockdown ist meine Oma verstorben, die schon den Krieg als junges Mädchen miterlebt hat. Ich hätte ihr gerne mal die Frage gestellt: „Kannst du dir mal in Zukunft vorstellen, dass es in einem wirtschaftlich so stabilen Land geschlossene Geschäfte, Ausgangssperren, geschlossene Schulen und so weiter gibt?“ Ich bin aber froh, dass das die alte Dame mit über 90 nicht mehr miterlebt hat. Es zeigt doch, wie schnell das Gewohnte nicht mehr da ist. Ich habe dadurch sehr viel Zeit mit meinem Kind im Home-Schooling verbringen dürfen, was doch im Nachhinein schön war, die Zeit mit dem Kind zu haben. Die Entschleunigung war ein angenehmer Aspekt des Lockdowns. Trotzdem hat es mir große Sorgen bereitet, dass Freunde bis heute befürchten müssen, ihre Existenz als Bar-Betreiber oder Betreiber eines Yoga-Studios oder als DJ verlieren zu können.
Was bedeutet es für dich, in Zeiten von Corona Shootings zu realisieren?
Das ist gar nicht so einfach, etwas zu realisieren. Groß-Projekte, die für dieses Jahr geplant waren, sind on hold. Da wird im Augenblick eher die Zeit genutzt, die Projekte durchzuplanen. Ich habe dieses Jahr nur draußen in der Natur geshootet, um die Abstände einzuhalten. So lange diese schwere Zeit dauert und die Auflagen so hoch sind, ist das der beste Weg für mich. Ich arbeite hauptberuflich in einem großen Unternehmen, bin dort unter anderem für die Corporate Identity zuständig und mache dort andere Projekte und muss nicht von der Fotografie leben, die ich nebenberuflich betreibe. Was aber gut funktioniert, ich plane gerade eine neue Ausstellung in einer angesagten Location in Kassel. Sobald der Lockdown wieder vorbei ist, wird alles weiter seinen Weg gehen und man kann sich ausgewählte Werke in Printform in Kassel bei angenehmer Atmosphäre anschauen.
Was inspiriert dich? Wie entstehen deine Projekte?
Teilweise sehe ich Dinge im normalen Alltag oder beim Spazierengehen mit der Familie. Zum Beispiel fand ich das Parthenon of Books auf der documenta 14 in Kassel mega cool. Die Installation hatte ich oft vor der Linse, weil ich offiziell für die documenta 14 als Fotograf unterwegs war. Ich rief eines meiner Lieblingsmodels an, um es dort zu shooten. Schwierig war es, dass keine Menschen im Hintergrund zu sehen waren, da die Installation natürlich wie ein Magnet auf die Besucher gewirkt hat, aber wir haben das Foto in den Kasten bekommen. Im Friedrichstadt-Palast Berlin sah ich eine Show mit super schönen Alien-Kostümen. Da dachte ich mir, dass es toll wäre, die Aliens des Friedrichstadt-Palastes Berlin mal auf dem Teufelsberg (eine alte Abhörstation des Kalten Krieges auf der höchsten Erhebung direkt in Berlin) zu shooten. Ich habe ein Konzept ausgearbeitet und niedergeschrieben, mich beim Intendanten des Friedrichstadt-Palastes beworben und die Zusage für das Shooting bekommen. Die Abstimmung und Vorbereitung haben über ein Jahr gedauert. Die Ideen entstehen meistens erst, wenn ich in der Stadt oder woanders unterwegs war und ein schönes Gebäude oder eine Location gesehen habe. Dann wird überlegt, welches Modell zu diesem Thema passen wird. Die Kontakte zu einigen Models von Germanys Next Top Model sind eher durch Zufall entstanden. Ich war mit meinem besten Fotobuddy auf der Lambertz Monday Night in Köln gebucht und dort hatte ich die Managerin von Modelagentur One Eins, die unter anderem auch Managerin von Heidi Klum ist, und die damaligen zehn besten von GNTM kennengelernt. Ab und an arbeitet man mit den Modellen zusammen und es entstehen interessante Projekte und neue Kontakte. Viele Anfragen kommen auch direkt ganz Old School noch über meine Homepage.
Was macht für dich das perfekte Bild aus?
Das perfekte Bild für mich ist, wenn es zu 95 % direkt so aus der Kamera kommt, wie man es letztendlich auch im Druck sieht. Das hat viel mit Lichtsetup und Erfahrung zu tun. Es ist zwar viel über Grafikprogramme zu lösen, aber für mich sind es eher die kleinen Dinge, die ich nachträglich bearbeite. Zurzeit fotografiere ich komplett manuell mit einer modernen Digitalkamera, aber Objektiven aus den 80ern. Das dauert in der Regel dann länger beim Shooting, aber man erzielt tolle Effekte mit dieser Kombination.
Kassel oder Berlin? Welche Stadt hat die besseren Motive?
Das ist gar nicht so einfach zu beantworten. In Berlin gibt es tolle Locations zum Shooten. Alleine aufgrund der Größe der Stadt und der damaligen Teilung zwischen Ost und West gibt es immer viel zu entdecken, wo man mal shooten könnte. Es ist aber sehr mühselig, bis man dann offiziell in Berlin an einem Hotspot shooten darf. Kassel hat aber genauso seinen Reiz, zum Beispiel mit dem Bergpark Wilhelmshöhe oder dem Urwald Sababurg. Leider gehen nach und nach die alten Gebäude in Kassel verloren, um dort zu shooten. Mein erstes Studio hatte ich mit meinem besten Fotobuddy zusammen in der Salzmann-Fabrik direkt in Kassel. Dort gab es unendlich viele Möglichkeiten, im Gebäude zu shooten. Mittlerweile sieht das Gebäude sehr traurig aus.
Welche Persönlichkeit aus der Vergangenheit hättest du gern fotografiert, welche aus der Gegenwart?
Aus der Vergangenheit hätte ich liebend gern Marilyn Monroe mit ihrer tollen damaligen schon sehr extravaganten Mode oder Romy Schneider fotografiert. Aus der Gegenwart würde ich gerne mal Jude Law, einen der für mich schönsten Schauspieler, fotografieren. Und von den Top- Models der Welt: Franziska Knuppe. Die finde ich auch als Schauspielerin sehr interessant und sie braucht sich nicht vor den jüngeren Top-Models verstecken. Gerade weil sie aus Europa kommt, würde ich gerne mal mit ihr shooten.
Was bedeutet Glück für dich?
Glück ist für mich gerade jetzt in dieser Zeit, dass meine Familie, Freunde und ich selber gesund bleiben. Glück ist für mich nicht, alles zu besitzen, wichtiger ist es, die richtige Frau, die ich über alles liebe, und die richtigen Menschen und Freunde an meiner Seite zu haben.
Ein Blick auf das Jahr 2021: Was wünscht du dir?
Ein Wunsch ist es von mir, dass wir das Gewohnte von früher vor Corona in 2021 zurückbekommen. Ich freue mich natürlich auf tolle Foto-Projekte im nächsten Jahr. Und wenn es die Möglichkeit gibt, wieder normal zu reisen, würde ich gerne mal mit meinem Camper und meiner Liebsten nach Norwegen fahren wollen, um dort in der Natur zu wandern und zu fotografieren.
Wir bedanken uns ganz herzlich für deine Zeit und hoffen sehr, dass deine Wünsche in Erfüllung gehen.