Die meisten Covid-19-Erkrankten überstehen die Infektion mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 problemlos. Laut WHO sind das rund 80 Prozent der Patienten. Doch bei etlichen Covid-19-Erkrankten oder Corona-Infizierten zeigen sich auch Monate nach der akuten Infektion noch Symptome – oder treten gar erst dann auf: Post-Covid-Symptome. Wir haben mit dem ärztlichen Leiter der Lungenfachklinik Immenhausen, Prof. Dr. Stefan Andreas, über häufige Symptome, Behandlungsmethoden und Post-Covid bei Kindern gesprochen.
Was ist Post-Covid?
Post-COVID ist eine mögliche Langzeitfolge einer COVID-19-Infektion. Es bestehen Symptome auch nach Abklingen der akuten Erkrankung weiter. Diese Symptome können sehr unterschiedlich sein und reichen von Atemnot, über verstärkte Ermüdbarkeit bis hin zu neurologischen Einschränkungen. Bisher gibt es dazu keine genaue Definition, jedoch spricht man aktuell von Post-COVID, wenn 12 Wochen und mehr nach der akuten COVID-19-Infektion noch relevante Beschwerden bestehen, die nicht durch eine andere Krankheit erklärt werden.
Sie bieten eine Post-Covid-Sprechstunde an: Was empfehlen Sie Patient*innen? Wann sollten sich Patient*innen auf jeden Fall beraten und untersuchen lassen?
Wenn noch nach 3 Monaten relevante Beschwerden bestehen, die nicht besser werden und der Hausarzt bereits den Patienten untersucht hat, ist eine Vorstellung bei einem Facharzt zu erwägen. Bei Luftnot wird dies in der Regel ein Pneumologe sein.
Immer wieder berichten ehemalige Covid-19-Erkrankte, wie sehr sie immer noch mit den Folgen der Corona-Infektion zu kämpfen haben und dass sie nicht wissen, ob sie jemals wieder ganz gesund werden. Was sind häufige Symptome?
Die Symptome sind sehr unterschiedlich und reichen von geringen Einschränkungen bis hin zu schwerwiegenden Lungenveränderungen. Die häufigsten Beschwerden sind eine chronische Erschöpfung, Luftnot, eingeschränkte körperliche wie auch geistige Leistungsfähigkeit und Geschmacksstörungen. Diese Probleme treten auch bei jungen, initial nicht schwer erkrankten Menschen auf. Vor allem die chronische Müdigkeit findet sich auch nach milden akuten Erkrankungen.
Welche Tests umfassen die Untersuchungen? Welche Behandlungsmethoden gibt es?
Im Grunde geht es primär darum zu klären, ob die Beschwerden Ausdruck einer bestimmten Erkrankung sind oder letztlich als Folge einer akuten COVID-19-Infektion gesehen werden. Dazu bedarf es einer symptomspezifischen Abklärung. In der Lungenfachklinik stellen sich Patienten hauptsächlich wegen Luftnot vor. Dann sind Untersuchungen der Lungenfunktion und Lungenbeschaffenheit angezeigt: Röntgen, gegebenenfalls ein CT, Blutgasanalysen, Lungenfunktionsprüfungen und andere. Spezifische Laboruntersuchungen, die ein Post-COVID-Syndrom beweisen oder ausschließen können gibt es nicht. Die Therapie orientiert sich an den Symptomen und hier können durchaus gute Erfolge erzielt werden. Für eine spezifische Therapie gibt es bislang leider noch keine wissenschaftlich belastbaren Belege. Jedoch ist eine vorsichtige Steigerung der körperlichen Belastung z.B. unter Kontrolle der Herzfrequenz hilfreich.
Wird der Bedarf nach medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen steigen?
Der Stellenwert der medizinischen Rehabilitation ist noch nicht abschließend zu beurteilen. In Einzelfällen ist eine solche Maßnahme jedoch sinnvoll. Vor allem dann, wenn die Symptome Auswirkungen auf die Berufsausübung haben. Eine aktuelle Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie empfiehlt eine Rehabilitation um z. B. die Wiedereingliederung in den Beruf zu erleichtern.
Welche Rolle spielen die Impfungen?
Impfungen können einen schweren Verlauf der COVID-19-Erkrankung mit hoher Wirksamkeit vermeiden. Die Hoffnung ist, dass hierdurch auch der Anteil an Post-Covid reduziert wird. In der Behandlung des bestehenden Post-Covid Syndroms spielen sie keine Rolle.
Können auch Kinder an Post-Covid leiden?
Ja, in selteneren Fällen, wobei die Symptome sich anders manifestieren als bei Erwachsenen. Bei Kindern kann ein entzündliches Multisystem-Syndrom auftreten, das sich z.B. an den großen Gefäßen manifestiert.
Wie lange dauert eine Post-Covid-Erkrankung?
Im Laufe der Zeit werden die Beschwerden regelhaft besser. Verständlicherweise haben wir noch keine Erfahrungen über einen wirklich längeren Zeitraum von mehreren Jahren.
Mit welchen Fragen muss sich die Medizin in der Zukunft beschäftigen?
Es gilt noch mehr über die Entstehungsprozesse der Langzeitfolgen zu erfahren. Es gibt Hinweise auf einige mögliche Risikofaktoren für die Entwicklung eines Post-Covid. Diese sind ein Alter über 50 Jahre, Frauen scheinen vor allem bei den jüngeren Betroffenen stärker vertreten zu sein, Übergewicht begünstigt die Entwicklung eines Post-Covid, genauso wie ein bestehendes Asthma. Warum diese Faktoren aber mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für ein Post-Covid einhergehen, ist noch nicht klar. Wenn dies besser verstanden wird, ergeben sich vielleicht auch Möglichkeiten zur Vermeidung der Erkrankung. Diese Prävention wird zukünftig wohl eine immer größere Rolle spielen, beginnend mit der Prävention einer akuten Erkrankung bis hin zur Prävention von Langzeitfolgen.