c_Fabian Stuertz
Patrick Salmen
c_Fabian Stuertz
Du bist viel auf Lese-Tour, früher warst du auf Slams unterwegs. Was machst du lieber: Schreiben oder auf der Bühne stehen?
Gute Frage, bei der ich mir in der Tat nicht sicher bin. Vor allem, wenn ich in die Zukunft schaue, sehe ich mich eher als Autor und versuche die öffentlichen Lesungen insgesamt zu reduzieren. Zumal das Lesen auf der Bühne ja immer auch beinhaltet, unterwegs zu sein. Ich muss aber gestehen, dass ich inzwischen schon am liebsten im eigenen Bett schlafe, auch um morgens die Kinder in die Kita bringen zu können. Andererseits sind Lesungen auch unheimlich schön. Da nehmen sich Leute einen Babysitter und fahren 50 Kilometer durch die Gegend, nur weil die über denselben Scheiß lachen können, wie man selbst. Das ist schon krass.
Deine Texte zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie live gut rüberkommen, gut wirken. Dadurch muss man natürlich sehr pointiert aber auch sehr genau, etwa was Timing betrifft, schreiben. Achtest du bereits beim Schreiben darauf, wie die Texte auf der Bühne rüberkommen?
Ja, absolut. Gerade die humorigen Texten lese ich für mich immer auch laut. Da bekommt man am ehesten ein Gespür, ob eine Pointe funktioniert oder nicht. Und natürlich muss ich den Kram beim Schreiben auch selber witzig finden.
Musiker spielen live ein bestimmtes Set, bestehend aus dem aktuellen Album und diversen eigenen Klassikern. Wie ist das bei dir? Fordern Zuschauer auf der Bühne das Lesen populärer Texte wie etwa „Rostrotkupferbraunfastbronze“ und „Euphorie. Euphorie“?
Früher habe ich am Ende eines Abends wirklich noch gefragt, ob es noch Wünsche gibt. Das mache ich heute nicht mehr. Nach dem hundertsten Mal kann ich die Texte selbst nicht mehr hören und dann schmeiße ich die auch rigoros aus dem Programm. Diese von die erwähnten Texte habe ich seit Jahren nicht mehr gelesen. Ich finde es ohnehin besser, wenn man dem Publikum Überraschungsmomente liefert, ohne diese alten eigenen Schinken so abzukulten.
Neben deinen Liveauftritten, schreibst du Kurzgeschichten, Slams, zurzeit an einem Roman und an Kindergeschichten. Jetzt hast du Familie. Das verhält sich nicht immer kompatibel zum Arbeiten. Judith Holofernes hat hierfür eigens eine kleine Wohnung angemietet. Wie und wo arbeitest du?
Tatsächlich hatte ich auch eine Zeitlang ein Büro angemietet. Jetzt sind wir in unser neues Haus gezogen. Da habe ich ein eigenes Büro mit separater Küche. Es fühlt sich dann wirklich an, als ob ich zur Arbeit gehe. Schreiben hat viel mit Selbstdisziplin zu tun. Ich versuche jeden Vormittag drei bis vier Stunden kreativ zu sein. Meistens klappt das gut, aber natürlich gibt es Tage, wo du jede sich bietende Ablenkung dankbar annimmst und dich zum Beispiel um die Buntwäsche kümmerst.
Dein aktuelles Buch heißt „Treffen sich zwei Träume. Beide platzen.“ Ist ein wundervolles Buch vom Scheitern – im großen Ganzen und im Alltäglichen. Das ist lustig, klingt aber auch gehörig desillusioniert?
Dem Scheitern wohnt eine Tragik und eine Komik inne, dass ich mich damit lieber befasse, als mit irgendwelchen Erfolgsgeschichten.
In deinem Buch nimmst du das Leben akademischer Großstädter aufs Korn, ein privilegiertes Leben, das du ein Stückweit selbst führst. Ist dieser Spott über Biokisten, Chiasamen-Kompott und Wandtattoos dein Weg, um nicht selbst in die Spießerfalle zu geraten?
Meine Texte sind eine Art Milieustudie meiner eigenen Umgebung, meines Viertels, in dem ich lebe. Über die Biokiste zum Beispiel und über die Leute, die dort ihr schrumpeliges Gemüse bestellen, gibt es ja zunächst nichts negatives zu sagen. Aber wie sich manch einer auf dem Kinderspielplatz verkauft – das gibt für humorvolle Texte schon einiges her. Ich möchte aber niemanden an den Pranger stellen. Ganz oft erkenne ich mich selbst in vielen Geschichten wieder. Ich möchte meinen, in jedem Menschen, über den ich mich in meinen Texten lustig mache, stecke zu mindestens 50 Prozent ich selber. Letztendlich ist man selber schon der größte Idiot von allen.
Das heißt, deine Wohnung ist voll von „Home“-Fußmatten und Wandtattoos?
Um Gottes Willen. Aber ich finde Spießigkeit heute nicht mehr ganz so schlimm. Es ist wesentlich verkrampfter, sich zu verrenken und zu verbiegen, nur um von anderen als hip und unangepasst wahrgenommen zu werden. Und zum Thema Einrichtungssünden: Als ganz junger Mann hatte ich in meiner Wohnung auch so schreckliche „Latte-Macchiato“-Schilder hängen und habe Wände mit Wischtechnik versaut.
Jetzt hat Jan Wagner gezeigt, dass man auch als Lyriker große Literaturpreise abräumen kann. Und doch treibt es alle Schreibenden letztlich doch zum Roman. Wie weit steht dein Debüt?
Läuft ganz gut. (Lacht) Entschuldige, das hat sich in meinem Freundeskreis längst zum Running Gag entwickelt. Seit fünf