
© Stadt Kassel | Jonas Beinborn
Donnerstag, 03.07.2025 | 19 Uhr | Palais Bellevue
CHRISTIAN LEHNERT: Religiöse Dichtung heute. Ein Lesungs- und Gesprächsabend
Den religiösen Dichter und Theologen Christian Lehnert zeichne dem Initiator der Wiener Poetikdozentur „Literatur und Religion“, Jan-Heiner Tück, zufolge ein waches Sensorium für religiöse Suchbewegungen aus – was biographisch alles andere als selbstverständlich ist.
Denn für den in Dresden in der ehemaligen DDR geborenen Lehnert spielte Religion im familiären Alltag keine Rolle. Im Teenager-Alter aber kam er mit der Kirche in Kontakt und formuliert rückblickend: „Ich bin eigentlich über die Sprache zum Glauben gekommen“. Und an anderer Stelle: „Wovon der Pfarrer sprach, weiß ich nicht mehr […] Ich weiß nur noch, wie sich mein Gehirn in einer Sprache festbiss, in der die Worte eine ganz ungewöhnliche Bedeutung hatten – ein Vibrieren, als ob nichts Benanntes es selber blieb, und etwas sprang mich an, drehte mich immer schneller um eine unbekannte Achse. […] Von da an war nichts mehr eindeutig. Der christliche Glaube war eine Dauerirritation.“
Aus dieser Dauerirritation sind über die Jahre zahlreiche Gedicht- und Prosabände hervorgegangen, für die Lehnert unter anderem mit dem Eichendorff-Literaturpreis (2016) und dem Deutschen Preis für Nature Writing (2018) ausgezeichnet wurde sowie ganz aktuell – die Verleihung findet vier Tage vor unserer Veranstaltung statt – wird er mit dem Friedrich-Hölderlin-Preis (2025) ausgezeichnet. In der Laudatio zur Verleihung des Lessing-Förderpreises (2003) an ihn, fragte der Schriftsteller Hans Hartung, ob Lehnert die Aussage von Wittgenstein, worüber man nicht sprechen könne, darüber solle man schweigen, nicht abwandeln würde in: Worüber man nicht sprechen kann, darüber soll man dichten – oder singen?
Zusätzlich zu seiner Dichtkunst, wie dem Zweizeiler
Der Gott, den es nicht gibt, in mir ein dunkler Riß,
ist meiner Seele nah, sooft ich ihn vermiß.
ist er ein guter Gesprächspartner für die Reflexion über religiöse Dichtung. Aus diesem Grund wurde er wiederholt im Rahmen der Poetikdozentur nach Wien eingeladen.
Wir freuen uns, dass Christian Lehnert uns im Rahmen unseres Uni-Seminars „Weltbeziehung und Gʼttesbeziehung. Ein sozio-theologisches Seminar“ in Kooperation mit dem Literaturhaus Kassel für einen Lesungs- und Gesprächsabend zugesagt hat und laden Sie hierfür herzlich in das Palais Bellevue ein.
Institut für Katholische Theologie der Universität Kassel in Kooperation mit dem Literaturhaus Kassel
Eintritt frei.
Samstag, 05.07.2025 | 17:30 Uhr | Palais Bellevue
DIRK OSCHMANN: Menschenbilder – Friedrich Schillers „Don Karlos“
Dazu hat sie einen Referenten gewonnen, der gleichermaßen literaturwissenschaftlich versiert wie menschlich ‘greifbar’ ist: Prof. Dr. Dirk Oschmann von der Universität Leipzig.
Das Stück führt vor, wie die Idee politischer Freiheit, die Kraft zu emanzipatorischem gesellschaftlichen Handeln in Erfahrungen echter menschlicher Begegnung wurzelt, in Erfahrungen von Anerkennung, Freundschaft und menschlicher Bindung – so prekär gerade persönliche Beziehungen im Don Karlos auch stets auf dem Spiel stehen.
Ein gedanklich erfasstes gesellschaftliches Ideal – ein utopisches Bild von der Zukunft – kann leicht in Widerspruch zu sich selbst treten und in neue Formen der Unfreiheit münden, wenn es den Weg zu seiner Verwirklichung antritt. Schillers Stück problematisiert einen Freiheitskämpfer, der schließlich auf klandestinen Wegen wandelt und dem die Mitmenschen, deren Glück er zu befördern glaubt, zu Mitteln für seine Zwecke zu werden drohen.
Oschmann bietet in seinem neu aufgelegten Buch „Friedrich Schiller – Eine kleine Werkschau“ einen literaturtheoretisch versierten, dabei leserfreundlichen und lebensnahen Zugriff auf dessen Werk. Warum ist Friedrich Schiller als Lyriker ebenso berühmt wie berüchtigt? Was macht seine späten Dramen zu Klassikern? Und inwiefern hat seine Ausbildung als Mediziner sein Denken geprägt? Oschmann bietet eine gleichermaßen kompakte wie umfassende Einführung in Schillers Werk. Dabei stellt er Schiller als Lyriker, Dramatiker und Epiker in den Mittelpunkt, zeigt ihn aber ebenso als Historiker und Theoretiker von Rang.
Interessant ist es, Oschmanns Schiller-Monographie und seinen ‚polemischen Lang-Essay‘ „Der Osten: eine westdeutsche Erfindung“ (2023) im Zusammenhang zu lesen. Zwischen beiden Texten werden subtile Bezüge deutlich, denn beide werden durch ähnliche Grundfragen strukturiert: der Wunsch nach Individualisierung; Fragen nach Möglichkeiten der Mitgestaltung von Strukturen; Fragen nach einer gerechten Verteilung von Lebenschancen; das Ideal der ‚Ganzheit‘ auf individueller und gesellschaftlicher Ebene u.a.m. Hier schreibt ein Autor, der sich in verschiedenen Diskursfeldern – einmal in hoher, auf Objektivierung zielender Differenzierung, dann in der polemischen Zuspitzung der Streitschrift -, in einer Weise positioniert, die konsistent ist.
Eintritt rei - Wegen der begrenzten Platzzahl (40) bitten wir um verbindliche Reservierung.
Samstag, 16.07.2025 | 19:30 Uhr | Antiquariat Jenior
SPÄTLESE – Offene Lesebühne
Wer gerne lesen möchte, melde sich bitte vorher unter info@literaturhauskassel.de bei uns an. Willkommen zur vierten Lesebühne im Wonnemonat Mai. Wir freuen uns auf einen tollen Abend mit spannenden Texten und Musik. Natürlich gibt es wieder musikalische Begleitung. Lassen Sie sich überraschen.
Frage: “Mein Text ist vielleicht noch nicht gut genug?!” -> Antwort: “Doch, das ist er bestimmt!”
Es gibt nur eine Regel – ihr habt maximal 10 Minuten Zeit und wir müssen Euch danach leider von der Bühne holen, damit auch alle drankommen können.
Bringt Eure Freunde mit, da liest es sich leichter – wir sehen immer gerne neue Gesichter.