Im vergangenen Jahr haben die Künstler und Kuratoren Silvia und Lutz Freyer mit Udo Wendland im Hugenottenhaus die Ausstellung »Freie Zimmer« eröffnet. Nun folgt am 17. Juli die Eröffnung der neuen Ausstellung »Bewegte Zimmer« und 2021 schließt die Trilogie mit der Ausstellung »Doppelzimmer«. Unterstützt werden die beiden von Anfang an von der Stiftung IMPULSE für Kassel. Wir haben das Künstlerpaar besucht, um mit ihnen über das kreative Schaffen in Zeiten von Corona, die neue Ausstellung »Bewegte Zimmer« und die Zukunft zu sprechen.
Wie wirkt sich aus eurer Sicht die Corona-Krise auf die Kunstszene aus?
Ausstellungen wurden geschlossen oder abgesagt, Veranstaltungen fielen massenweise aus. Das gesamte künstlerische, öffentliche Leben kam zum Erliegen. Das ist natürlich wie in anderen Bereichen auch mit herben Verdiensteinbußen verbunden. Bei Künstlern, die in der Regel schon immer mit wenig auskommen und auskommen müssen, gibt es keinen Speck in der Vorratskammer.
Deshalb war das Programm »Kopf hoch« eine erste gute Antwort auf dieses Problem, das damit natürlich nicht aus der Welt ist. Digitale Formate waren auch spannende Antworten auf die Abstandsregeln. Natürlich ersetzten sie nicht das persönliche Erleben.
Hat sich euer eigenes kreatives Schaffen durch die Krise verändert?
Unser eigenes Arbeiten ist auch dieses Jahr in der Ausstellung »Bewegte Zimmer/Kunstzone« im Hugenottenhaus miteingebunden und reagiert insofern auf die momentane Situation, dass wir deutlich machen wollen, dass Kunst sehr wohl systemrelevant ist. IN ART WE TRUST, eine Arbeit von Lutz mit Bauschaum auf die Hausfassade geschäumt, ist als Headline unserer Arbeit in der Kunstzone und vom Rathaus und der Fünffensterstraße aus zu sehen. Das Hugenottenhausprojekt ist kein in sich geschlossener Organismus, sondern will die Stadtgesellschaft in all ihren Facetten berühren und sich mit vielen Bewegungen in der Stadt verbinden.
Ihr seid nun seit Februar in der Vorbereitung für die neue Ausstellung. Was ist bisher alles passiert?
Die Vorbereitungen für die neue Ausstellung hatten schon im Spätherbst mit den Überlegungen, welcher Schwerpunkt uns für eine neue Ausstellung interessieren könnte, begonnen. Diesmal war es die noch stärkere Einbeziehung der Besucher. Die beteiligten Künstler:innen waren dadurch aufgefordert nicht nur einen eigenen Raum zu gestalten, sondern auch zu überlegen, welches Angebot den interessierten Menschen, im doppelten Sinne, das eigene künstlerische Tun näher bringt.
Ab Februar entwickelte Lutz dann den Bereich hinter dem Hugenottenhaus. Es begann mit dem Aufsammeln von Glasscherben und dem Beseitigen einer Unmenge von Müll. Langsam wurde der »Garten« nach und nach begehbar. Besucher sollten in der Mitte der Stadt einen sicheren Außenbereich vorfinden. Weitere Helfer kamen ab Mai hinzu. Die »Kunstzone« entstand mit nun hoher Aufenthaltsqualität. Ab Mai wird auch die ehemalige Cafébar Perle im Bodesaal wiederbelebt. Es ist unfassbar, was sich alles getan hat. Das ging auch nur, weil wir jeden Tag am Start waren.
Was ist das Besondere an eurer aktuellen Ausstellung und am Hugenottenhaus? Wie entsteht eine solche Ausstellung?
Die Besucher*innen dürfen sich auf eine Ausstellung freuen, die sich auch mit den Grenzbereichen von Kunst beschäftigt. Viele verschiedene Genre werden zu sehen sein. Und bei Besucher-
angeboten können Menschen jeder Altersgruppe sich bei den Künstler*innen einbuchen und in die Welt der Kunstentstehung und in Gespräche und über das eigene Tun eintauchen.
Parallel zur neuen Ausstellung entsteht eine »Kunstzone« im Hugenottenhaus. Was können wir darunter verstehen? Was erwartet die Besucher?
Die »Kunstzone« ist ein integraler Bestandteil der Ausstellung. Darüber hinaus ein Ort des Verweilens, des Hierseins. Dort können Gespräche und Austausch, und auch Veranstaltungen, wie Künstlergespräche oder Filmvorführungen, stattfinden.
Auch Musik wird einen Ort haben. Und da das Areal sowohl im Bodesaal, dem neuen Café- und Barbetrieb als auch in der Kunstzone und im Hugenottenhaus so weitläufig ist, wird es keine Probleme mit den Abstandsregeln geben.
Eine Zeitkapsel beamt euch in jede beliebige Zeitepoche. Für welche Epoche würdet ihr euch entscheiden?
Da wären wir neugierig, wie es mit dem Hugenottenhausprojekt weitergeht, und würden uns in eine Zeit in 20 Jahren beamen. Haben die Kunst und die Künstler*innen in der Mitte Kassels dauerhaft einen Ort, der einladend auf die Menschen zugeht? Ist die Strahlkraft der Kunst weiter wirksam? Werden wir die Menschen der Stadt und darüber hinaus so begeistert haben, dass das Projekt auf einem breiten menschlichen und finanziellen Fundament steht? Ist das Hugenottenhaus ein Sinnbild für Innovation, Agilität, Kooperation und Vernetzung geworden, wie wir das anstreben?
Was wünscht ihr euch für die Zukunft?
Glück!
Herzlichen Dank für eure Zeit. Wir freuen uns auf die Eröffnung und einen schönen Sommer rund um das Hugenottenhaus.
>> In Kürze: www.hugenottenhaus.com