Es war nicht alles schlecht unter Gott. Gut war zum Beispiel, dass alles schlecht war. Denn alles, was man tat, war Sünde. Doch dann starb Gott ganz unerwartet an chronischer Langeweile. So fand der Spaß ein jähes Ende. Heute ziehen Eisfirmen, Elektronikgeschäfte und jedes zweite Schlagerlied die sieben Todsünden in den Dreck: Man hat uns alles erlaubt und somit alles genommen. Polyamorie versaute die Unzucht. All-You-Can-Eat Buffets vergällten die Völlerei. Facebook beschämte die Eitelkeit. Ego-Shooter liquidierten den Jähzorn. Wellnesshotels verweichlichten die Trägheit. Sie alle haben’s schlecht gemeint, doch kein Zweck heiligt das Mittelmaß. Darum gilt es, die Sünden neu zu erfinden.
Lisa Eckhart: „Die Vorteile des Lasters“
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Museum für Sepulkralkultur Weinbergstr. 25-27, 34117 Kassel
Kunst, Lesung, Sonstiges