KASSEL . Den 100. Geburtstag so feiern wie es dem Meister gefallen hätte: inklusiv, streitbar und vor allem mittendrin im Leben. Aber eben dort, wo das Leben für viele nicht so pralle ist, dafür aber die Kultur aus allen Ritzen des Asphalts sprießt. So kommen sich im Mai das Kasseler Schillerviertel und Jubilar Joseph Beuys (* 12. Mai 1921 in Krefeld; † 23. Januar 1986 in Düsseldorf) näher. Die Documentastadt war für den Jahrhundertkünstler ein Mittelpunkt seines Schaffens. Hier stehen seine "7.000 Eichen" und hier sollen im Jubiläumsmonat Interpretationen und Kunstinteressierte aufeinanderprallen.
Der Berliner Künstler Rainer Wieczorek wird die Zeit vom 10. bis 16. Mai in Kassel verbringen. In der "galeria.kollektiva", Schillerstraße 30, zeigen Wiecorek und sein Freundeskreis KUNSTdemokratie" eine siebentägige Ausstellung mit Schaufenstercharakter. Wieczorek: "Das Publikum wird die zentralen Werkbegriffe des Joseph Beuys prozesshaft als 'work in progress' miterleben."
Pandemie-sicher verknüpft der Diplom-Soziologe Wieczorek von der Erzberger Straße aus für Passanten beobachtbar Live-Malerei, Licht- und Rauminstallationen, Zeichenaktionen, Experimente, soziale Plastik und Musik mit gesellschaftlichen und politischen Aspekten. Hinter dem Schaufenster der "galeria.kollektiva" wird er seine "Akte Beuys" öffnen, mit der Einzelausstellung "Joseph Beuys - eine Bearbeitung" zeigt er seine Ideen und Deutungen zum Werk des umstrittenen Meisters. Hinzu kommen Projekte, die Wieczorek seit längerem verfolgt. Zum Beispiel "Heimat 10.000": 10.000 von Künstlern gestiftete Werke sollen zur documenta 16 im Jahr 2027 an 10.000 Wohnungslose bedingungslos verschenkt werden. Wieczorek : "100 Kunstwerke sind bereits da!" Der Künstler verknüpft diese Aktion mit der Forderung, diese 10.000 beschenkten Obdachlosen bis dahin auch in Wohnungen unterzubringen.
Wieczorek wird das Schaufenster der "galeria.kollektiva" mit Zitaten und Sprüchen im historischen Kontext zur Befreiung von der Nazi-Diktatur bekleben. Seine Forderung: "Der 8. Mai muss ein Feiertag werden."