© Foto: Elke Carlow
Es passiert sehr selten – eine Erweiterung eines deutschen Nationalparks. Aber in Nordhessen ist genau dies im Oktober geschehen: Die Erweiterung des Nationalparks Kellerwald-Edersee wurde erfolgreich vollzogen und der Nationalpark wird nun um außergewöhnliche und schützenswerte Flächen nördlich und östlich des Edersees bereichert. Hier entsteht auf Flächen, die im Rahmen des Naturschutzgroßprojekts und eingeschränkter Forstwirtschaft schonend behandelt wurden, Wildnis von morgen. Und alle Beteiligten sind sich einig: Das steigert die touristische Anziehungskraft der gesamten Region und bietet die besten Voraussetzungen für nachhaltigen und naturnahen Tourismus. Nach der Ausweisung vor nun 16 Jahren vergrößert sich die Fläche des Parks um ungefähr ein Drittel: Die Erweiterungsfläche des Nationalparks hat eine Größe von rund 1.950 Hektar und erstreckt sich im nördlichen und östlichen Bereich des Edersees von den Hängen des Ittertals entlang des nördlichen Ederseeufers bis zur Nieder-Werber Bucht und von dort über die Stadt Waldeck nach Süden bis zum Affolderner See.
Urig gewachsene Bäume
An den Hängen des Edersees wachsen beeindruckende, teilweise uralte Wälder, die inselartig als letzte Urwaldreste in Deutschland eingestuft werden. Im Erweiterungsgebiet liegen Biotope wie beispielsweise Orchideen-Buchenwälder, Hangwälder oder Kalkmagerrasen, die für den Naturschutz und Artenschutz sehr wertvoll sind. Mit der Erweiterung steigt die Zahl der Urwaldreliktarten von 21 auf beachtliche 31 Arten wie der Veilchenblaue Wurzelhalsschnellkäfer finden sich sowohl im Altpark als auch im Erweiterungsteil.
Arbeitsgruppe „Nationalparkerweiterung“
Bereits Ende des Jahres 2018 hatte die Landesregierung mit der Koalitionsvereinbarung die Absicht erklärt, den Nationalpark zu erweitern. Zur Umsetzung des Vorhabens wurden umfangreiche Prüf- und Arbeitsschritte sowie Vorabstimmungen mit den Beteiligten vor Ort und den Landes- und Bundesverwaltungen durchgeführt. Von Beginn an war ein großes Anliegen, die Bürger*innen sowie Vereine und Verbände vor Ort intensiv mit einzubinden und die Nationalparkerweiterung gemeinsam mit der Region durchzuführen. Deswegen wurde im Rahmen die Arbeitsgruppe „Nationalparkerweiterung“ mit allen regionalen Vertreter*innen aus Tourismus, Naturschutz, Landwirtschaft und den Flächeneigentümer*innen gebildet, Vorschläge ausgearbeitet und diese in Bürger-Info-Terminen vorgestellt und diskutiert.
Die Natur bleibt sich selbst überlassen
Schon bevor die Flächen nördlich und östlich des Edersees dem Nationalpark zugeordnet wurden, konnten die Bäume an den zum Teil sehr steilen, felsigen Hängen alt werden. Sie sind zu knorrigen, bizarren Gestalten herangewachsen, die sich an karges Gestein klammern und außer Lebensraum für spezialisierte Arten auch spektakuläre Motive bieten. Gerade im Herbst lässt sich das Schutzgebiet gut erkunden: bei entspannten Wanderungen auf ausgeschilderten Pfaden, wie dem Kellerwaldsteig oder dem Urwaldsteig Edersee, der nun auf ganzer Strecke im Nationalpark verläuft. Von den Steilhängen der neuen Flächen kann man die Sicht auf den Altpark genießen. Die Erweiterung des Nationalparks ist ein wichtiger Beitrag zum Naturschutz in Hessen und sogar bundesweit.