Isolation Berlin - Alles Grau
Unüberwindbar die eigene innere Einsamkeit, gewiss nur die Ungewissheit und ein Fluchtversuch führt dahin, wo das lyrische Ich versinkt. Es versinkt in der Isolation Berlin – so ein Song der gleichnamigen Band, die, so Andreas Borcholte vom Spiegel, sich sehr wesentlich von der Mehrzahl deutschsprachiger Bands abhebt. Warum? Weil sie weder den Diskurs noch den schlagermäßigen Dumpf-Pop bedient, sondern eine Eigenkreation spielt: den Protopop. Eine Definition davon gibt die Berliner Band nicht. Sie nehmen sich das Recht heraus, nicht strategisch sondern naiv zu zitieren. Egal, ob dieser Melodienfetzen der Orgel jetzt an Velvet Underground, der Gesang an Rio Reiser erinnert. Die Referenz ist egal, weil das Gefühl in ihren Songs, wie sie meinen, am besten durch eine superindividuelle Kollage der eigenen Wahrnehmung entstehen kann. Das Ergebnis ist dem Pathos zugeneigt, ohne sich in Kitsch zu verwandeln. Sie docken genau da an, wo die Jugend bei uns allen ein Feuer entfacht hat, das hungrig ist. Es fräße uns auf und machte uns kalt, sehr erwachsen, wenn es nicht bisweilen Künstler wie Isolation Berlin schüren würden.
Supported werden Isolation Berlin von niemand geringerem als Voodoo Jürgens. Sinn für schwarzen Humor kann man David Öllerer, wie er im bürgerlichen Leben heißt, kaum absprechen. Seine Vita scheint wie für die österreichische Kapitale geschaffen: Vater landet früh im Knast, Lehre beim Hofzuckerbäcker Demel, abgebrochen, Friedhofsgärtner während seines Studiums (nicht abgeschlossen) in Wien. „Heite grob ma Tote aus“ – ein absoluter Superhit – schließt da an , wo Wolfgang Ambros mit „Zentralfriedhof“ in den Achtzigern aufgehört hat. Das ist auch der Super-Group des Austropop Wanda aufgefallen, die Vodoo auf einem Song featuren. Vor Isolation Berlin weht also ein schöner wie obskurer Wiener Duft an der Fulda. Leiwand!
VVK: 22€, AK: 26€, www.kulturzelt-kassel.de